Angebot und Nachfrage

Die Gedanken, die ich hier aufschreibe, sind einigen von euch sicher längst klar. Auf der Suche nach den wesentlichen Herausforderungen bei der Realisierung der Software waren sie mir in dieser Klarheit neu.

Die kapitalistische Produktionsweise arbeitet angebotsorientiert. Ich produziere etwas und wenn es gut läuft, findet sich jemand, der das braucht. Dieser Vorgang wird so lange fortgesetzt, bis es ein Produkt für den “Endkunden” gibt, also so etwas wie ein Bedürfnis befriedigt wird. Die Produktionskette baut sich schrittweise vom “Rohstoff” zum Bedürfnis hin auf, unterwegs wird einfach schon losproduziert. Die wesentliche Herausforderung ist der Abgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem “Markt”. Wenn ich etwas anbiete, suche ich jemanden, der es haben möchte. Und wenn ich etwas brauche, suche ich jemanden, der es anbietet.

Im Commoning bauen wir die Produktionskette vom anderen Ende auf: Zuerst ist das Bedürfnis da, wir arbeiten bedürfnisorientiert. Das Problem: Auf ein Bedürfnis hin kann niemand losproduzieren. Wir müssen also erst die ganze Produktionskette zur Bedürfnisbefriedigung konstruieren. Das ist die wesentliche Herausforderung. Und es gibt nicht etwa nur eine mögliche Produktionskette zur Befriedigung eines Bedürfnisses. Es gibt sehr viele. Wir nennen sie Konfigurationen.

Die Herausforderung ist, die Menge der möglichen Konfigurationen zu finden. Möglich heißt, dass die Bedarfe aller Tätigkeitsmuster der Produktionskette entweder wiederum mit einem Tätigkeitsmuster mit entsprechendem Resultat oder mit einem Mittel besetzt sind. Für diesen aufwändigen Prozess benötigen wir ein gutes Matching zwischen Bedarfen und Resultaten von Mustern. Das ist der schwierige Teil. Ein einfaches Matching zwischen Angebot und Nachfrage wie auf dem kapitalistischen Markt hilft uns hier nicht weiter. Wir müssen sehr viele Matchings möglichst vollautomatisch durchführen lassen.

Danach wird es leicht: Wir ordnen die möglichen Konfigurationen nach Aufwand und probieren für eine nach der anderen, ob sich Leute finden, die sich den Tätigkeiten annehmen. Wenn das der Fall ist, kann die Produktion starten.

Dieser Thread passt zur Software-Komponente (5) und zur Anforderung (6).

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Dazu vielleicht auch kurz: Ja, am Ende wäre es schön, wenn das möglich wäre und das ist sicher auch ein Ziel mit dem Projekt. Allerdings muss das nicht von Anfang an sein. Über die Software soll Commoning als solches ja unterstützt werden.

Das heißt: Wenn eine Tätigkeitsmuster freigegeben wird und ich mich dieser Tätigkeit zuordne, dann muss ich angeben, welche notwendigen Mittel ich selbst zur Verfügung stellen kann - und nur die Mittel werden als Bedarf wieder über die Software vermittelt, die ich nicht auf andere Weise besorgen kann. Also wenn es zum Beispiel an irgendeinem Plastik-Bauteil fehlt, kann ich sagen: “Okay, da fehlt etwas und ich selbst habe das nicht. Aber meine Freundin Petra hat einen 3D-Drucker und kann das selbst herstellen.” Und auf Softwareebene wird einfach vermittelt: “Mittel ist verfügbar” und die Tätigkeiten, welche Petra jetzt an ihrem 3D-Drucker unternimmt und wie sie sich ihre notwendigen Mittel besorgt und wie ich das dann abhole etc. werden nicht in der Softwarestruktur abgebildet. Als tatsächlich bildet die Software nur einen Teil der gesellschaftlichen Re-Produktionsstruktur ab - eben jenen, welcher nicht über direkt-zwischenmenschliche Beziehungen stattfindet.