Interaktion mit Vorschlägen und Abfragen
Durch das ununterbrochenen Commoning können einander unbekannte Menschen miteinander kooperieren, um gemeinsam ihre jeweils eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Im → Konfigurationsprozess werden hierfür von Seiten der Software Tätigkeiten vorgeschlagen und sowohl Mittel als auch Wissen abgefragt. Die Beteiligten ihrerseits können mit diesen Vorschlägen und Abfragen entsprechend interagieren, wodurch schließlich ein Zusammenspiel von Tätigkeiten mit einer hohen Effizienz entstehen kann, die auf die Bedürfnisse der Beteiligten abzielt und sich nach ihren Fähigkeiten und Interessen richtet. Diese Interaktionsmöglichkeiten werden im ersten Unterkapitel vorgestellt und notwendige Funktionen zur Orientierung im zweiten.
Interaktionsmöglichkeiten
Vorgeschlagenen Tätigkeit en können von Beteiligten ignoriert, abgelehnt, gemerkt oder auf einer Skala zwischen Lust und Notwendigkeit angenommen werden . Eine Auswahl, die einem „ich habe große Lust und will der Tätigkeit unbedingt nachgehen“ entspricht, würde etwa eine sofortige Zuordnung nach sich ziehen und falls sich jemand einer ‚idealeren‘ Tätigkeit zuordnen sollte, würde diese Selbstzuordnung nicht einfach ins Leere laufen, sondern es könnte ein Kommunikationsraum zwischen beiden Beteiligten entstehen. Auf diese Weise kann diskutiert werden, ob die Konfiguration sich nach der Lust der Beteiligten richtet oder der spekulativ geringeren Gesamtdauer. Eine Selbstzuordnung zu einer Tätigkeit, die „ich habe keine Lust, aber würde es machen, wenn es nicht anders geht“ entspricht, würde nach sich ziehen, dass das entsprechende Tätigkeitsmuster zur Selbstzuordnung weiter offen bleibt. Falls es dann wirklich keine andere Möglichkeit gibt – also Alternativen etwa sehr viel zeitintensiver wären und sich auch niemand anderes mit mehr Lust dafür findet – kann die Selbstzuordnung bestätigt werden und der Konfigurationsprozess an dieser Stelle weiterlaufen. Eine Selbstzuordnung zu Tätigkeiten, denen sich nicht aus Lust angenommen wird, zieht dabei eine höhere → zugeschriebene Anerkennung nach sich.
Nachdem sich einer Tätigkeit angenommen wurde und bevor die darauf folgenden Tätigkeiten vorgeschlagen werden, muss geklärt werden, welche Mittel zur Ausführung der Tätigkeit tatsächlich verfügbar sind. Zwar richtet sich der Konfigurationsprozess selbst danach, welche Mittel im lokalen Kontext und den jeweiligen konkreten Personen zur Verfügung stehen und baut sich demnach auf, allerdings ist das beschränkt auf die Informationen, auf welche die Software zurückgreift. Vielleicht wird ein Werkzeug benötigt, das zwar in keiner Mitteldatenbank eingespeist ist, aber die Person, welche sich der Tätigkeit annimmt, hat private Kontakte oder kennt andere Strukturen, wie sie das Werkzeug besorgen kann. Oder die Person hat Werkzeug angegeben, das ihr zur privaten Verfügung steht, allerdings stellt sich heraus, dass es erst repariert werden müsste usw. usf. Wichtig ist nur: Die Informationen der Software müssen mit der tatsächlichen Verfügbarkeit abgeglichen werden, bevor der Konfigurationsprozess weiterläuft.
Bei der Mittel-Abfrage gibt es zwei Kategorien von Interaktionsmöglichkeiten. Innerhalb der ersten Kategorie wird abgefragt, ob die entsprechende Person über das Mittel verfügt („habe ich bzw. kann ich drauf zugreifen“) bzw. über das Mittel nicht verfügt („habe ich nicht bzw. kann ich nicht drauf zugreifen“). Falls die Person darüber verfügt muss entschieden werden, ob das Mittel commonifiziert, also aus dem privaten Eigentum als Gemeingut in die Commons-Struktur überführt werden soll oder ob es privates Eigentum bleibt, aber für das Commoning verwendet werden kann. Die erste Option, die Überführung von privaten Eigentum, kann eine höhere → zugeschriebene Anerkennung bringen als das reine zur-Verfügung-stellen . Bleibt das Mittel privates Eigentum müssen außerdem → Nutzungsbedingungen mit angegeben werden, also ob etwa andere es ebenfalls verwenden dürfen, in welchem Zeitraum dafür nachgefragt werden soll etc. pp.
Bei der zweiten Kategorie der Mittel-Abfrage wird versucht herauszustellen, wie selbstverständlich es ist, im jeweiligen lokalen Umfeld über das Mittel zu verfügen („hat man“) oder ob es sehr unwahrscheinlich ist, dass irgendjemand über so ein Mittel verfügt („hat man nicht“). Diese Abfrage ist äußerst wichtig zur Abstimmung der Software, die ohne diese Funktion gleichermaßen abfragen würde, ob Beteiligte über einen ‚Hammer ‘ oder etwa einen ‚mit Kette bespannten Webstuhl‘ verfügen. Wenn sich dabei etwa herausstellt, dass es üblich ist einen ‚Hammer‘ zuhause zu haben, dann wird vorausgesetzt, dass das Mittel mit hoher Wahrscheinlichkeit verfügbar ist und Tätigkeiten, die diesen Hammer als Bedarf angegeben haben, können im lokalen Umfeld vorgeschlagen werden, auch wenn die Verfügungsmöglichkeit über einen Hammer von Beteiligten nicht vermittelt wurde. Genauso kann sich herausstellen, dass es im lokalen Umfeld sehr unwahrscheinlich ist, dass jemand über einen ‚mit Kette bespannten Webstuhl‘ verfügt und dieses Mittel würde daher nicht länger bei Beteiligten abgefragt werden.
Abgefragtes Wissen ist entweder verfügbar oder nicht-verfügbar , wobei hier relevant ist, ob eigenes Wissen, das verfügbar gemacht werden könnte, schon von einer anderen Person vermittelt wurde. Der wohl einfachste Weg das herauszufinden ist es vor der Beschreibung der Tätigkeit deren Bedarf anzugeben und Bedarf plus Resultat mit bestehenden Tätigkeitsmustern abzugleichen. Damit dieser Prozess sinnvoll funktioniert, müssen Mittel entsprechend kategorisiert sein (→ Mittel-Muster ). Wird ein neues Tätigkeitsmuster hinzugefügt, das von vielleicht noch keinem oder wenigen Beteiligten angewendet wurde, kann die Person, welche es eingespeist hat, als Betreuerin* des Tätigkeitsmusters agieren und bei Rückfragen zur Verfügung stehen, wenn etwa etwas unscharf beschrieben ist oder sich Probleme bei der Ausführung ergeben. Tätigkeitsmuster müssen daher auch entsprechend bewertet werden können, wie hoch die Qualität ihrer Beschreibung ist.
Persönliche Vorauswahl und Transparenz
Werden Tätigkeiten vorgeschlagen bzw. werden Mittel und Wissen abgefragt, dann sind diese Vorschläge bzw. Abfragen immer allgemein und an alle Beteiligten gerichtet. Die Vorschläge und Abfragen haben eine ihnen zugeschriebene Lokalität und sollten unabhängig von der persönlichen Vorauswahl durchsucht werden können; was etwa über Listen, Karten oder Diagramme möglich sein sollte. Viele dieser Vorschläge und Abfragen werden allerdings für konkrete Personen nicht relevant sein, da Tätigkeiten etwa Qualifikationen voraussetzen, die sie nicht besitzen oder Mittel abgefragt werden, bei denen sie bereits angegeben haben, nicht darüber zu verfügen. Die ‚persönliche Vorauswahl‘ ist daher ein Werkzeug, dass eine Auswahl nach eigenen Fähigkeiten und Interessen unterstützt.
Warum Tätigkeiten und Abfragen die in die persönliche Vorauswahl aufgenommen werden kann verschiedene Gründe haben. Die meisten davon sind durch die Beteiligten selbst definierbar: Ein Grund kann sein, dass es sich um Tätigkeiten handelt, die sich auf Tätigkeitsmuster beziehen, welche in der Bibliothek (→individueller Musterspeicher) der beteiligten Person auf eine Weise markiert wurde, die ausdrückt, dass die Person sich der Tätigkeit wieder annehmen würde. Dann spielt selbstverständlich der Standort der Person eine Rolle und in welchem Umkreis bzw. Gebiet sie tätig werden möchte. Weiter haben Vorschläge und Abfragen eine → Wichtigkeit und Beteiligte sollten einen Schwellwert einstellen können, ab welcher Wichtigkeit eine Tätigkeit oder Abfrage in der persönlichen Vorauswahl erscheint. Ebenfalls eine Schwelle ist die notwendige Qualifikation zur Ausführung einer Tätigkeit – ist diese nicht vorhanden, sollte die Tätigkeit nicht in der persönlichen Vorauswahl erscheinen. Nur teilweise von den Beteiligten regulierbar sind ihre Verfügungsmöglichkeiten über Mittel. In der persönlichen Vorauswahl erscheinen Vorschläge teilweise nur, weil über bestimmte Mittel verfügt wird und es sinnvoll wäre, wenn diese konkrete Person sich der Tätigkeit annimmt (→ Konfigurationsprozess: Vorschlag von Tätigkeiten: Bedarfsdeckung) .
Die Tätigkeiten sollten den Beteiligten dabei anhand ihrer → Fähigkeiten angezeigt werden. Fähigkeiten, zur kurzen Erinnerung, sind in der Bibliothek gespeicherte Tätigkeitsmuster, die als verinnerlicht markiert wurden. Wenn mehrere Tätigkeitsmuster ineinander verschachtelt sind, wird von einem komplexen Tätigkeitsmuster gesprochen, dessen Aufwand gleich dem gesamten Aufwand der einzelnen Tätigkeitsmuster ist, die es enthält. Würde sich im Konfigurationsprozess herausstellen, dass bestimmte einfache Tätigkeiten nacheinander die aktuell geringste spekulative Gesamtdauer haben und gäbe es für diesen Teil der Konfiguration auch ein komplexes Tätigkeitsmuster, welches diese Tätigkeiten umfasst, dann sollte den Beteiligten mit entsprechenden Fähigkeiten das entsprechende komplexe Tätigkeitsmuster angezeigt werden. Beteiligte können sich so größeren zusammenhängenden Teilen der Konfiguration am Stück zuordnen.
Anders, aber damit zusammenhängend, sollten auch nachfolgende Tätigkeiten denjenigen angezeigt werden, die sich den Tätigkeiten angenommen haben, die sie notwendig machen. Falls die entsprechende Person sich auch dort zuordnen würde, entfällt der Aufwand von Kommunikation und ggf. Ortsveränderung. Außerdem kann abgefragt werden , ob es sinnvoll ist ein komplexes Tätigkeitsmuster zu erstellen, welches die beiden Tätigkeitsmuster umfasst, welche durch den Konfigurationsprozess bzw. die Plankonfiguration zusammengeführt wurden.
Bei jedem Vorschlag und bei jeder Abfrage soll dabei auch der jeweilige Kontext sichtbar werden – also: „Welchen Zweck hat die Tätigkeit bzw. warum wird dieses Mittel oder Wissen benötigt“? Wenn die Möglichkeit auch nicht wahrgenommen wird, so muss es doch unbedingt möglich sein, diesen Zweck herauszufinden. Nur so kann das Vertrauen entstehen, dass jede einzelne Tätigkeit im ununterbrochenen Commoning direkt auf die Befriedigung von Bedürfnissen abzielt . Die Angabe der Wichtigkeit muss überprüft werden können. Die Antwort auf die Frage, warum ‚Tätigkeit [ x ] als wichtiger angegeben wurde als Tätigkeit [y]‘ muss im Sinne der allgemeinen Bedürfnisbefriedigung klar erkennbar und nachvollziehbar sein. Und falls es zwar erkennbar, aber nicht nachvollziehbar ist – etwa, weil bestimmten Faktoren ein höheres Gewicht zugeschrieben wird, als es für einen selbst richtig erscheint – dann muss der → soziale Prozess von dort aus leicht erreichbar sein, in welchem die Gewichtung dieser Faktoren festgelegt wurde.
Weiter braucht es eine Transparenz über die Beteiligten der Kooperation insofern die jeweilig gewünschte Privatsphäre nicht überschritten wird. Es sollte daraus hervorgehen, 1. welche Personen sich ebenfalls derselben Tätigkeit zugeordnet haben und mit denen sich schließlich zur Ausführung abgesprochen werden muss. 2. Mit wem kooperiert wird, also wer die Mittel verfügbar macht, die für die eigene Tätigkeit benötigt werden, wer die verwendeten oder betroffenen Mittel wieder in ihren Erhaltungszustand zurückführt und wer das Resultat der eigenen Tätigkeit braucht. Und 3. wen die Tätigkeit betrifft , was etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Gemeingut der Fall sein kann oder bei der Verwendung von privaten Mitteln anderer Personen. Diese Transparenz sollte bereits vor einer Zuordnung da sein, während die entsprechenden → Kommunikationsräume besonders nach der Zuordnung wichtig werden.
Nach der Selbstzuordnung oder der Verfügbarmachung von Mitteln und Wissen muss der Fortschritt des Konfigurationsprozesses für die daran beteiligten Personen transparent sein. Es soll dadurch abschätzbar werden, ob die eigene Tätigkeit, die eigenen Mittel oder das eigene Wissen benötigt werden und es soll die verbleibende Zeitdauer bis zur → Festsetzung der Konfiguration ebenfalls abschätzbar werden, indem ersichtlich ist, welche Mittel noch nicht verfügbar sind bzw. noch Tätigkeiten zur Verfügbarmachung nach sich ziehen werden.