Konzeption von Tätigkeitsmustern

Hier können wir festhalten, was wir über die Konzeption von Tätigkeitsmustern wissen bzw. diskutieren, was wir noch nicht darüber wissen.

Ich werde die Beiträge aus dem alten Thread Ergebnisse von Mustern hier anhängen.


  • Tätigkeitsmuster haben einen Bedarf an Mitteln und der benötigte Zustand des Mittels muss angegeben sein

  • In Tätigkeitsmustern wird angegeben, wie sich die Tätigkeit auf den Zustand der Mittel erwartungsgemäß auswirkt

  • In Tätigkeitsmustern wird angegeben, wie sich die Tätigkeit erwartungsgemäßg auf Mittel auswirkt, die nicht als Bedarf angegeben sind

Bei der Arbeit am Datenmodell bin ich über das Resultat eines Tätigkeitsmusters gestolpert.

Beispiel:

  • Herstellung von Mehl aus Getreide mit einer Mühle
  • Bedarfe: Getreide + Mühle
  • Resultat: Mehl

So einfach funktioniert das. Wenn ich ein bisschen ins Detail gehe, bekomme ich schnell Probleme. Mir scheint, die Modellierung ist nicht günstig. Idee: Ein Tätigkeitsmuster hat eher so etwas wie Ein- und Ausgaben (es geht mir hierbei nicht um die Worte) bzw. eben einfach mehrere “Resultate”.

Beispiel:

  • Herstellung von Mehl …
  • Eingaben: Mühle, Sack Getreide, leerer Mehlsack
  • Ausgaben: Mühle (quasi gleicher Zustand), leerer Getreidesack, Sack Mehl

Was denkt ihr?

Stimmt, ja. Wir müssen hier präziser werden.

Marx unterscheidet ja im Kapital zwischen fixen und zirkulierenden Mittel. Die zirkulierenden Mittel gehen im Produkt auf (das Mehl im Brot - zirkulierend, weil es das Unternehmen verlässt), während das fixe Mittel weiterhin im Besitz des Unternehmens bleibt, sich aber dabei aufbraucht (der Ofen).

Wir müssten wohl genauso unterscheiden:

  • Was verschwindet im Resultat?
    • Was davon ist z.B. nur Transportmittel wie “Glas” oder “Sack”
    • Was davon ist modular, kann also wieder ausgebaut und weiterverwendet werden? (wobei das dann eher in der Mitteldefinition wichtig wäre)
  • Was bleibt gleich?
  • Was nutzt sich ab oder verändert sich (Acker), geht aber nicht im Resultat auf?

Ich würde trotzdem bei dem einen “Resultat” bleiben, da es ja das Mittel ist, für das die Tätigkeit angegangen wird. Für alles andere brauchen wir wohl neue Kategorien, da fix und zirkulierend im Eigentumsfreien Bereich eher unangebracht sind. Auch das fixe Mittel könnte ja jederzeit zirkulieren, bleibt also eventuell nur temporär am Ort seiner Anwendung.

Könnte ich mein Muster von oben nicht auch verwenden, wenn ein leerer Getreidesack gebraucht wird?

Kann es ein Muster “Zerlege einen Traktor” geben, welches die Resultate Motor, Fahrgestell, Kabine, Lenkrad und Sitz hat?

Puh… ich würde sagen, dass es nicht möglich ist, wenn es keinen (vorsorgenden) Bedarf an Mehl gibt. Die Änderung des Getreides wäre ja nicht mehr rückgängig zu machen und womöglich hat das Getreide in Mehlform eine geringe Haltbarkeit als in Kornform. Und wenn dem nicht so ist und bekannt ist, dass Mehl z.B. häufiger abgefragt wird als Getreide, dann wahrscheinlich schon. Trotzdem würde ich dann die Tätigkeit eher als “Mehl herstellen” als als “Sack verfügbar machen” betrachten - ich würde es weiterhin nur als Nebenresultat betrachten.

Warum benutzt du überhaupt das Tätigkeitsmuster? Du möchtest ja eigentlich nur an den Sack kommen. In der Situation wäre das Tätigkeitsmuster ja im Konfigurationsprozess freigeschalten, um Mehl hervorzubringen mit einem leeren Sack als Nebenresultat - und du gehst der Tätigkeit eben nicht wegen dem Mehl, sondern wegen dem Sack nach. Aber trotzdem war es eine notwendige Tätigkeit, nur dass dich das Bedürfnis der Person nicht interessiert, die z.B. das Brot essen möchte.

Normalerweise würdest du ja einfach abklären, ob es für die Beteiligten cool ist, wenn du den Sack umfüllst - dafür brauchst du kein Tätigkeitsmuster. Oder aber: Wenn irgendwie klar ist, dass bestimmte Tätigkeiten immer gemacht werden dürfen (das Getreide darf immer gemahlen werden, das Auto darf immer geputzt werden, etc.), dann kann das am Mittel dran kleben. Siehe Nutzungsbeschränkungen, gleich:

Das ist mir die letzten Tage auch wichtig geworden:

Nutzungseinschränkungen (engl. stint): Das sind Zugangsregeln, um Übernut-
zung oder Missbrauch einer Sache zu verhindern. In Subsistenzkulturen gibt es
oft höchst spezifische Regelungen dafür, wie und wann eine Person Holz aus dem
Wald oder Schilf aus einem Feuchtgebiet ernten darf. Die Bewirtschaftung eines
»Commons mit Nutzungseinschränkungen« schützt also die Kapazitäten eines
natürlichen Systems, sich zu erneuern. »Ohne Nutzungseinschränkungen gibt es
keine wahren Commons«, schreibt Lewis Hyde.45 [► Obergrenze setzen bzw. De-
ckeln] (Frei, Fair, Lebendig, S.81)

Auf die Frage: Ja, ich denke so ein Tätigkeitsmuster kann es auf jeden Fall geben (das ist ja von einem Bedarf erst einmal unabhängig). Innerhalb einer Konfiguration kommt es nur vor, wenn ein Teil für etwas anderes benötigt wird. Ob dann der konkrete Traktor zerlegt werden darf liegt schließlich an seinen Nutzungseinschränkungen.

Was hältst du von der Einteilung in Resultat und Nebenresultat? Ist dir das zu einfach?

Noch etwas, das mich gerade umtreibt und ins Thema, aber nicht zur Diskussion gerade passt:

  • Varianten von Tätigkeitsmustern

Brauche ich ein extra Tätigkeitsmuster um einen grünen oder roten Schal herzustellen? Oder - etwas offener - einen Schal, der am Ende Fransen hat und einen Schal, der am Ende keine Fransen hat?

Marx nimmt als Beispiel, da bin ich gestern drüber gestolpert, die Arbeiten eines Schneiders, der an einem Tag einen Rock, am nächsten eine Hose näht. Der Bedarf ist weitgehend derselbe, aber die Tätigkeit selbst variiert. Hier natürlich braucht es verschiedene Tätigkeitsmuster, weil die Resultat qualitativ sehr unterschiedlich sind, aber als Funktion für die Anwender:innen braucht es zumindest die Möglichkeit, dass mir Tätigkeiten vorgeschlagen werden, die alle auf demselben Bedarf aufbauen, denen ich also kontinuierlich nachgehen kann, auch wenn sie qualitativ verschieden sind.

(vielleicht verschiebe ich das besser irgendwann - gerade möchte ich keinen neuen Thread aufmachen)

Ich lese aus einigen deiner Antworten, dass du dir vorstellen kannst, dass Muster mehrere Resultate haben.

Bisher kann ich noch nicht sagen, wie mir das gefällt. Welchen Grund gibt es, diese Einteilung zu machen?

Auf jeden Fall sind das keine Eigenschaften des Mittels sondern des Musters. Hier fehlt uns noch etwas, ich kann das gerade nicht in Software umsetzen. Mit dem Muster werden Aussagen über die Bedarfe und die Resultate getroffen, die wir noch nicht formalisieren können.

Das haben sie, auf jeden Fall.

Technisch betrachtet ist das natürlich Unsinn - da sind alles einfach nur Resultate. Aber der Zweck eines Tätigkeitsmusters sollte klar benennbar sein. “Herstellung von leerer Sack, abgenutzter Mühle und Mehl durch Getreide im Sack und weniger abgenutzter Mühle” ist unnötig kompliziert. In der Tätigkeit des Mehl-mahlens geht es um das Mehl. Das ist insofern relevant, dass über die Software der gesellschaftliche Re-Produktionsprozess über diese Muster schnell ersichtlich werden soll.

Die Muster eines Mittels halte ich hier für genauso relevant - darin ist ja festgehalten, woraus es besteht. Um ein Tätigkeitsmuster zu erstellen “Mache Motor y verfügbar durch die Zerlegung von Traktor x”, muss ja klar sein, dass der Motor y im Traktor x enthalten ist.

Verstehe ich noch nicht ganz. Meinst du so etwas wie Abnutzung?

Ah, alles klar, das leuchtet mir ein.

Was mir fehlt: Ich kann bisher nicht strukturiert abbilden, wie sich ein Mittel durch ein Muster verändert bzw. ob es überhaupt noch vorhanden ist.

Ein Muster hat ja eine Tätigkeitsbeschreibung, wahrscheinlich in mehreren Schritten. Diese Beschreibung wird für Menschen verständlich, für Computer aber eher kryptisch sein (sie können sie höchstens auf Stichworte hin durchsuchen).

Außerdem beschreibt ein Tätigkeitsmuster die Mittel, mit denen es operiert. Ich schlage daher -ähnlich wie ich es bereits oben getan habe- vor, dass das Muster für jedes Mittel den (benötigten) Zustand vor und den (erwarteten) Zustand nach der Ausführung des Musters angibt. So kann die Software mit der Veränderung umgehen. Es ist dann völlig unproblematisch, einzelne oder mehrere Mittel als “Resultate” zu markieren.

Das coole an dieser Resultats-Geschichte ist ja, dass nichts bei einer Tätigkeit herauskommt, das nicht irgendwie im Bedarf drin ist. Dementsprechend kann bei jedem Bedarf angegeben werden, inwiefern es sich im Prozess verändert. Bisher habe ich drei Arten von Mitteln auf den Prozess bezogen ausgemacht:

  1. Mittel, die im Prozess ihren Zustand verändern
  2. Mittel, die im Prozess ihre Form verändern
  3. Mittel, die vom Prozess unbeeinfluss bleiben

Bei 2 könnte auch noch “Mittel die sich aufteilen” eingebracht (Sack und Mehl/Leinenfaden und Spule) und dann “Trägermittel” wie Spule/Sack/Flasche definiert werden… irgendwie so.

Im Beispiel ist das Muster übrigens: „ Herstellung von Leinengewebe durch (a) unbespannten Webstuhl, (b) Scherbaum, ( c ) Leinengarn und (d) Patronenpapier “.

Trifft es das?

Reflexion der Villach-Geschichte

In Villach sollen Bauernhöfe vermitteln können, wenn Hilfe gebraucht wird. Angedacht ist, dass sie das in erster Linie an die Lebensmittelpunkte vermitteln, welche durch den Bauernhof versorgt werden.


Ich habe mich zuerst gefragt, ob das Plankonfigurationen sind - also, dass Beteiligte vermitteln welche Tätigkeiten im Zusammenhang ausgeführt werden müssen und die Auswahl eben nicht dem Konfigurationsprozess überlassen. Die Frage ist für mich gerade, ob klar ist, welche Bedürfnisse durch die Tätigkeit befriedigt werden. An sich: Eigentlich schon, da der Bauernhof ja die Lebensmittel besonders auch für bestimmte Lebensmittelpunkte herstellt, an welchen Bedürfnisse zusammenlaufen und die Bedarfe vermitteln - und der Bedarf ist eben das, was im Bauernhof hergestellt wird.

Also Tätigkeiten werden durch den Bauernhof vermittelt und sind Teil von Prozessen zur Bedürfnisbefriedigung. Ich denke, das ist wichtig. Gäbe es keine Bedürfnisse, die durch die Tätigkeit befriedigt werden sollen, könnten es natürlich auch Tätigkeiten zur Generierung von Profit sein und solche sollten ja eigentlich bei Leuten nicht ankommen, die Commoning betreiben wollen.

Und dann: Die Bauernhöfe - die selbst vermutlich als Integrierte Zusammenhänge in der Software-Struktur auftauchen - werden vermutlich eher nicht in einer Tätigkeitsmuster-Datenbank ewig nach Mustern suchen, die den eigenen Werkzeugen etc. entsprechen. Sie werden wohl am ehesten sagen wollen “Wir brauchen 5 Leute am Feld, um Karotten aus der Erde zu holen. Und das dauert dann so 2-3 Tage”.

Das wäre dann die Tätigkeit “Karotten ernten” die einfach vermittelt wird. “Karotten ernten” kann als Tätigkeitsmuster aber zig verschiedene Ausführungen haben - je nachdem z.B. welches Werkzeug dafür verwendet wird. Aber ist dann “Karotten ernten” überhaupt ein “richtiges Tätigkeitsmuster”? Ich denke eigentlich schon, weil es ja eine isolierbare, tendenziell wiederkehrende Tätigkeit im gesellschaftlichen Re-Produktionsprozess ist. Aber dieses Tätigkeitsmuster ist eben nicht richtig spezifiziert und würde sich jemand die Beschreibung ansehen wollen, gäbe es wohl den Verweis auf die zig verschiedenen Ausführungsmöglichkeiten. Oder?

Mein Fazit gerade ist: Definition von Bedarf und Nebenresultat/Auswirkungen eines Tätigkeit sind nicht zwingend notwendig für ein Tätigkeitsmuster. Das Tätigkeitsmuster muss gewissermaßen offener gedacht werden

Wenn wir solche “unspezifizierten” Tätigkeitsmuster haben, die auf “verschiedene ausdefinierte Tätigkeitsmuster” verweisen, könnte sich das vielleicht sogar auf das Design bei der Auswahl von Tätigkeiten auswirken. Dann könnte es doch eine Art App-Design geben, in welchen eben diese unspezifizierten Tätigkeitsmuster ihr eigenes Design haben und von dort aus erst auf die verteilten Musterdatenbanken verwiesen wird.

Ich muss da noch ein bisschen drüber nachdenken - vielleicht hat ja jemand Ideen dazu.